WELCH EIN SOMMER – RÜCKBLICK – PERSPEKTIVEN//ATTERSEE 2015
Mit der Finissage am vergangenen Samstag, 5. September, bei der die Hauptstraße in Attersee einmal mehr zu Begegnungszone und Mittelpunkt kreativen Dialogs wurde, schlossen für 2015 die Ateliertüren der Perspektiven Attersee. Das Kunstfestival, das heuer mit erstmaliger Erweiterung des Programms, dem „Atelierfrühling“ bereits im Mai begonnen hatte, erfreute sich bei allen Veranstaltungen über zahlreiches Publikum und insgesamt konnten mehrere tausend Besucher_Innen begrüßt werden.
In einem wechselnden, zweiwöchigen Turnus haben seit der Eröffnung Mitte Juli 11 junge KünstlerInnen das im ehemaligen Kaufhaus Miglbauer untergebrachte Kunst-Atelier und das als Design-Atelier genutzte Haus Bauer bezogen. Durch den Mix aus regionalen, nationalen Künstlern und Designern, deren Wirkungsrradius sich teilweise (wie heuer) bis in die Niederlande erstreckt mausert sich das Festival immer mehr zum „melting pot“ zum Treffpunkt Kunstschaffender aus den unterschiedlichsten Bereichen, die den regen Austausch und das unkomplizierte Aufeinandertreffen von Kunst/Designschaffenden und –interessierten schätzen.
Lisa Arnberger (A) und Curd Stimmeder (A), Gregor Göttfert (A) und Florian Voggeneder (A), Martina Lasinger (A/NL) sowie Barbara Mair (A), LACKNER (A), LILA (A) und Daniel Hafner (A), Doris Schuhmann (A) und FERRARI ZÖCHLING(A) boten Einblick in die Vielfalt österreichischen Modedesigns und Kunstschaffens. So spannte sich der gezeigte Bogen von Medien-/Installtionskunst über Malerei, Grafik und Fotografie über textiles Design (Neu-Interpretation traditioneller Handwerkstechniken, Fotokunst-Drucke auf Seide) bis hin zu konzeptionellen Ansätzen in der Mode auf Basis geometrischer Formen.
Das Beziehen, „Übernehmen“ und individuelle Gestalten der als Residence bezogenen Räume, ein wichtiger Impuls des Ankommens im Atelier und in Attersee, wie Fotografin B. Mair feststellte: „Die ersten beiden Tage waren sehr intensiv, da uns ein völlig leerer Raum erwartete, den es zu gestalten galt. Es ist ähnlich wie als Maler vor einem leeren Blatt Papier zu sitzen – Stück für Stück kreiert man ein Gesamtbild.“
Individuell und immer wieder aufs Neue gestalteten sich dann auch Arbeit und Präsenz im temporären Kreativquartier. Manche konnten bereits an Bekanntes anknüpfen, wie etwa Modedesignerin Romana Zöchling, die Attersee bereits während des Atelierfrühlings kennengelernt hatte: „Ich freue mich sehr auf das Arbeiten hier. Im Frühling habe ich bereits viele Atterseer kennengelernt, auf die ich mich jetzt sehr freue. So unterschiedlich die Besucher im Design-Atelier, so unterschiedlich sind auch die Gespräche. Viele Gäste und Anrainer kommen neugierig herein, um herauszufinden wer das Atelier nun bezogen hat. Ich sehe meine Zeit am Attersee als – arbeitsreichen – Urlaub von der Stadt und als Möglichkeit meine Kollektion hier zu präsentieren.“
Großen Anklang fand die in der Atterseehalle gemeinsam mit der Galerie Fotohof Salzburg veranstaltete Sommerausstellung „Bildgedichte“ – eine umfassende Werkschau des österreichischen Fotografen und Objektkünstlers Heinz Cibulka. Herrlich auch die von Magdalena Frey gezeigten Filmportraits u.a. über H. Cibulka – ein faszinierender Einblick in die Entstehung der „Bildgedichte“ und das künstlerische Umfeld z. B. mit Hermann Nietsch, welches zum tieferen Verständnis der Ausstellung beitrug, wenn man nicht das Glück hatte eine vom Künstler selbst geführte, spannende und unterhaltsame Begehung mitzumachen.
Die im Setting der Ausstellung stattfindenden Kunst-Impulse konnten an fünf Abenden im Juli und August in jeweils 20minütigen Performances heuer mit der Konzertgitarristin Zsofìa Boros (erst kürzlich eine Sendung auf Ö1 gewidmet), Sylvie Lacroix und Stephen Ferguson, die Eigenkompositionen präsentierten (erscheinen demnächst auf einer CD ebenfalls Ö1), der Schauspielerin Sarah Zaharanski, mit ihrem Ein-Personen-Stück „Romeo & Julia Rebooted“ und der kabarettistischen Lesung vom IFAK/Institut für angewandte Korruption, sowie dem zusätzlich eingefügten tänzerischen Impuls – erarbeitete Performance des international besuchten Tanzworkshop von Julian Yopasá mit Selina Glockner – stimmungsvolle Akzente setzen und in wunderschönen Kunstmomenten das Publikum begeistern.
Das bereits zum Fixpunkt gewordene Straßenfest „Wohnzimmer unter Sternen“ gestaltete sich heuer zu einem besonderen Ereignis. Wetterbedingt waren die Konzerte vom Schmusechor, von Elsa Tootsie and the Miniband und von Schmieds Puls kurzfristig in die Evangelische Kirche verlegt worden, was den etwa 300 Besucherinnen und Besuchern des Abends ein ganz besonderes Klang- und Hörerlebnis bescherte.
Der Stimmung am Straßenfest tat die Witterung keinen Abbruch: in den glücklicherweise meist Regenfreien Konzertpausen flanierten Gäste und Publikum auf der an diesem Abend ebenso autofreien Bundesstraße und genossen das besondere Flair entlang des Sees, die Begegnung in den Ateliers, sowie das kulinarische Angebot.
“Die Perspektiven//Attersee sind ein unpolitisches Festival, doch braucht es keine Politik um zu erkennen, dass derzeit Dinge passieren, die wir nicht ignorieren und abwartend hinnehmen sollten. Wo wir für unsere Nächsten da sein wollen, Kunst und Kultur – als Humanitäre Prinzipien nutzen, Barrieren zu überbrücken, Gemeinsamkeit und Neues zu entdecken, auf Erfahrungen zurückzugreifen und gleichzeitig Möglichkeiten und Ideen aufzuzeigen um so Nährboden für konstruktive Gespräche zu schaffen – etwas worauf unser Festival aufbaut.”
So wurden mit den Spendenerlösen aus dem Straßenfest soziale Projekte unterstützt, wie das „Café der Kulturen“ in St. Georgen – eine Initiative zum aufeinander Zugehen, gegenseitigen Kennenlernen und Austauschen von Schutzsuchenden (derzeit im Erstaufnahmezentrum Thalheim lebend) und Ortsansässigen. Außerdem wird am 13. September eine weitere Spende zur Unterstützung der Betreuung von Flüchtlingsfamilien an die evang. Pfaargemeinde Attersee überreicht.
Somit bleibt uns zu guter letzt, uns bei euch zu bedanken, ob Ihr nun BesucherInnen, KünstlerInnen, UnterstützerInnen, WegbegleiterInnen, JournalistInnen, SponsorInnen, HausbesitzerInnen, EinwohnerInnen oder EntscheidungsträgerInnen seid – wir sagen DANKE – denn das FESTIVAL baut auf all euren Schultern auf.
Bis zum nächsten Jahr, eure PERSPEKTIVEN//ATTERSEE